Tag Archive: Beppo Beyerl



Payerbach-Viadukt der Semmeringbahn, etwa 1875

Payerbach-Viadukt der Semmeringbahn, etwa 1875

Also, den Beppo Beyerl, kennen die Leser dieses Blogs ja. Unter anderem wurde hier einmal ein Buch besprochen, in dem er quer durch Wien spaziert.

Weil er ein ausgesprochener Peripatetiker, also ein Geh-Denker, ist, hatscht in seinem neuen Buch gleich von Wien bis Triest. Dabei begleitet ihn bisweilen der Geist von Johann Gottfried Seume, der etwa 200 Jahre zuvor die Strecke begangen und beschrieben hat.

Und weil der Beppo Beyerl nicht geradewegs dahinmarschiert, erzählt er neben den Geschichten der Hauptstraße auch viele Gschichterln von den Seitengassen und Kreuzungen. So erfahren wir von den Zwangsarbeitern, die in den Motorenwerken von Neu-Guntramsdorf für Endsieg schuften mussten, von der unaufhaltsamen Vermehrung der Karl-Renner-Plätze im Industrieviertel und von der Abneigung der Schottwiener gegen den Bau einer Bahn über den Semmering.

Weiter geht’s über Bruck an der Mur nach Slowenien, durch das ein gewisser Janez Puh radelte, der in Österreich als Johann Puch doch allerlei fürs Radfahren getan hat, nach Maribor, nach Ljubljana, in den Karst mit seinen jung verstorbenen Dichtern und und und – genau 197 Seiten lang, die eine kurzweilige Mischung aus Reportage, lebendiger Geschichte, Schmäh und Poesie ergeben.

Beppo Beyerl: Die Straße mit den 7 Namen von Wien nach Triest, Löcker Verlag, Wien 2013


9. Oktober 2012, 19:30 Uhr
Weinhaus Sittl
1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 51

„Ihr werdet’s nicht glauben, was mir passiert ist.“ So beginnen Geschichten, die man in Wien erzählt. Der Betrunkene schwadroniert im Wirtshaus, die Krankenschwester flüstert der Kollegin ins Ohr, und der Taxifahrer erzählt mit ausschweifenden Nebensätzen, während er einen Umweg nach dem anderen fährt.
Um das Glauben geht es natürlich nicht. Der gelernte Wiener weiß, dass die Grenze zwischen erlebt und erfunden so fließend ist wie jene zwischen freundlich und hinterfotzig. Schließlich gibt es mehr als eine Möglichkeit, wie sich ein Fernseher in einen toten Hund verwandeln kann.
Drei Autoren haben diese Grätzelgeschichten verfasst. Jeder von ihnen ist in einem anderen Teil der Stadt aufgewachsen. So sind auch die Geschichten vielschichtig: Manche sind rührend, manche rüpelhaft, manche trotzig und hinterlistig. Sie spielen in allen 24 Bezirken, denn mit 23 haben die Autoren kein Auskommen. Und sie spielen in den überschaubaren Orten, die in Wien seit altersher als Grätzel bezeichnet werden. Gemeint ist damit die unmittelbare Umgebung, die dörfliche Struktur in der Stadt, auf gut amerikanisch: the hood.
Zum besseren Verständnis für Unkundige und Zuagraste ist ein umfangreiches Glossar beigefügt, das Manches erklärt, aber auch neue Fragen aufwirft.

Die Autoren

  • Beppo Beyerl: Geboren in Wien-Hadersdorf, schreibt Reportagen und Geschichten über die Insassen Wiens und die Bewohner der übrigen Welt.
  • Manfred Chobot: Geboren in Wien, lebt in Meidling und Ottakring, erzählt und schreibt, weil er beides lustiger findet, als sich von der Glotze berieseln zu lassen.
  • Gerald Jatzek: Geboren in Wien, aufgewachsen in der Brigittenau, schreibt und musiziert für und über Kinder, Erwachsene und Wiener.

Die Polaroidphotos wurden vom Team marshall!yeti (Ferdinand Karl & Gerald Plattner) beigesteuert

Der Hund ist tot. Grätzelgeschichten aus 24 Wiener Bezirken, Kurzgeschichten von Beppo Beyerl, Manfred Chobot und Gerald Jatzek, Löcker Verlag, Wien 2012, ISBN 978-3-85409-617-7


Auf dem Naschmarkt findet man nicht nur literarische Figuren wie die Frau Sopherl, man kann dort auch aktuelle Texte kennenlernen. In ein paar Tagen findet am Textstand die nächste Lesung statt, bei der zwei Bücher vorgestellt werden:

  • Während des Nationalsozialismus geboren, gehört Frau Hermi der Wirtschaftswunder-Generation an, die ihren Lebensabend als Witwe in einer Gemeindebauwohnung verbringt und über nicht unbeträchtliche Ersparnisse verfügt. Das weckt rasch Begehrlichkeiten bei den betreuenden Kräften Jiri und Draga…

Beppo Beyerl: Die alten Leiden der Frau Hermi, Edition Mokka, Wien, ISBN 978-3-902693-28-0

  • Schon die psychische und physische Ausstattung der Eltern lässt für den jungen Alois Faistenzeck wenig Gutes erhoffen. Die Katastrophe des Ersten Weltkriegs und die Wirren der Ersten Republik tun das Ihre, um seinen Lebensweg mit Fußangeln und Missgeschicken zu pflastern.

    Nie Subjekt seiner Geschichte, bleibt er ein Gebeutelter und Getriebener, der sich immer tiefer im Labyrinth des Unglücks verläuft. Sprachgewaltig inszeniert Thiel das Leben und Sterben eines „kleinen“ Menschen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Geschichte von persönlichen und kollektiven Kalamitäten.

Georg Thiel: Im Labyrinth des Unglücks, Sonderzahl Verlag, Wien, ISBN: 978-3-85449-328-0

Zeit und Ort

4. 6. 2012, 19.00 Uhr
1060 Wien, Naschmarkt, Yumi (vormals Pineapple), Stand 87 (vis à vis Linke Wienzeile 6, in der Nähe von Nordsee)


Zwei Teams setzten sich vom Rest des Teilnehmerfeldes ab. Die Generalversammlung lag sogar lange auf Jackpot-Kurs, schwächelte dann aber. Das Ergebnis:

1. Generalversammlung 14 Punkte
2. Team Sigl 13 Punkte
3. Hanni & Nanni 11 Punkte
3. Ungreen Masters 11 Punkte
3. Weck 11 Punkte

Die dynamische Generalversammlung war nicht zu schlagen…

Die Wahl der Kreativsieger fiel uns diesmal wirklich schwer. Zahlreiche Teams lösten die Aufgabe, ein Fantasiefahrzeug aus Plastilin herzustellen, mit Bravour. Die Jury entschied sich schließlich für die Diktatoren Gmbh:

Im März waren sie Sieger, diesmal gewannen sie den Kreativpreis: die Diktatoren mit dem Mohnkuchen und der Spenderin im Vordergrund.

Die Heimhörerfrage wurde von einigen Teilnehmern richtig mit Naked Lunch beantwortet. Unser Waisenkind zog schließlich Andrea als Siegerin. Sie erhielt das Buch Der Hund ist tot. Grätzelgeschichten aus 24 Wiener Bezirken, Kurzgeschichten von Beppo Beyerl, Manfred Chobot und Gerald Jatzek, Löcker Verlag, Wien 2012, ISBN 978-3-85409-617-7 und ließ es sich gleich signieren.

Siegerin, Buch & Moderator sowie Applaus (unhörbar)

Die Auflösung der Heimhörerfrage lauete übrigens Naked Lunch :

An den Herrn links konnten sich viele Teilnehmer erinnern. Manche wollen ihn sogar zu sehr später Stunde im Schluwi gesehen haben.

Wir gratulieren und sehen uns hoffentlich beim nächsten Quiz am 24. Juni!


Wieder einmal gab es ein knappes Ergebnis, das erst in der letzten Runde entschieden wurde. Christians Rubrik Geschichte oder Geschichte stellt manche anscheinend vor unüberwindbare Probleme. Das Ergebnis:

1. Na Jessas 15 Punkte
2. Kollektiv Leiwand 14 Punkte
2. Team Fredi 14 Punkte

Die HeimhörerInnenfrage

Klaus (Moderator), Pius (Wissender), Elke (guter Geist)

Cineastische Expertise bewies Pius, der den Streifen Wer früher stirbt, ist länger tot anhand des Ausschnitts erkannte. Das gelang nur zwei Teilnehmern, und Pius hatte die ziehende Glücksfee auf seiner Seite.
Er erhielt das Buch Beppo Beyerl: Die alten Leiden der Frau Hermi, Edition Mokka, Wien, ISBN 978-3-902693-28-0.

Der Kreativpreis

Die Kreativaufgabe wurde vom Kollektiv Leiwand bravourös gelöst, wie man hier nachlesen kann.

Kreative Menschen mit dem Moderator (auch kreativ).

Das Schuwiquizteam gratuliert!


Der Großteil der in Wien Lebenden sind Zuagraste, die sich in einer erstaunlichen Metamorphose in Wiener verwandeln. Um ihnen bei diesem Prozess behilflich zu sein, stellt die Initiative Leiwand redn hier in äußerst unregelmäßigen Abständen Unterlagen zur Weltsprache Wienerisch bereit.

Kleiner Sprachführer zum Thema Essen und Trinken in Wien II

Das Trinken

Einen noch höheren Stellenwert als das Essen genießt das Trinken. Oft gelten üppige Mahlzeiten bloß als Unterlåg (Fundament) für noch üppigeres Trinken. Da sich der Wiener aber nicht gerne als Alkoholiker bezeichnen lässt, wendet er verschiedene Methoden der Rechtfertigung an. Bei Biertrinkern ist an heißen Sommertagen die meteorologische Methode besonders beliebt. Zwaradreißg Krügel im Schåttn heißt soviel wie: Zweiunddreißig Grad Celsius.

Hitze wird also in Krügeln (ein Krügel = ein halber Liter Bier) gemessen. Das Seidl (ein Drittel Liter Bier) wird als meteorologisches Maß hingegen nicht verwendet. Das Hauptgetränk des Wieners ist jedoch der Wein, vor allem der Veltliner (Weißweinsorte). Um diesen zu trinken, pilgert er gerne zum Heurigen. Das Ergebnis solcher Besuche sind Räusche in verschiedenen Ausprägungen.

Das Vokabular

Achterl, das: Kleinste ausgeschenkte Menge in Lokalen des Stadtgebietes

an Åffn hobn: betrunken sein

ångstrudelt sein: kleines Räuschlein

åweschwabn: Ruckartig hinunterkippen

bipperln: trinken, vom lat. bibere

den Håhn kriagn: Lokalverbot ausfassen

dippln: trinken

Doppler, der: Zweiliterflasche

fett: Fett oder im Öl sein: hoher Trunkenheitsgrad; voifett: (vollfett) sehr hoher Trunkenheitsgrad; die höchste Stufe wird mit blunznfett (blutwurstmäßig betrunken) bezeichnet. Der derart erreichte Zustand ist die Fettn.

Gschlåder, das: ein schlechtes Getränk. Kommt vom „Sloda“(mhd.), einer Mischung aus Wasser und Lehm, aus der Gott laut Bibel Adam formte.

Gschpritzter, der: Mit Sodawasser verdünnter Wein. Der Gschpritzte wird grundsätzlich in einem Viertel-Glas serviert und erfreut sich höchster Beliebtheit, weil man zügig trinken kann, ohne gleich umzufallen. Beim Heurigen ist es üblich, eine Flasche Soda oder Mineral (Mineralwasser) zu ordern und selbst zu spritzen. Guat gschpritzt bedeutet dabei einen möglichst kleinen Wasseranteil.

Hådern, der: schwerer Rausch

Hülsn, die: Flasche Bier

a Lackerl: Eine besonders geringe Flüssigkeitsmenge.

Lita, der: Begibt man sich in Gesellschaft zum Heurigen, wird Wein in Karaffen (ein Liter Füllmenge) bestellt.

Ölung, die: Zustand schwerer Betrunkenheit.

Rauschkugl, die: ständig Betrunkener; sollte dieser für Nachwuchs sorgen, so entsteht ein Rauschkind.

Reiseachterl, das: Ein allerletztes Achterl Wein, um sich für den Heimweg zu wappnen.

schledern: besonders zügig trinken

Schweigl, das: mittlerer Rausch mit besonderer Redefreudigkeit

Schwipserl, das: erste milde Wirkung, kein Rausch

Schwül, der: von der Rausch-Intensität her ähnlich dem Schweigl, jedoch die wortkarge Variante

Stehachterl, das: Ein im Stehen an der Bar oder am Tresen getrunkenes Achterl

Sturm, der: In Gärung befindlicher Traubensaft, zeitigt je nach Gärungsstadium verheerende Wirkungen in Hirn und Darm.

Vierterl, das: Ein Viertel Liter, die Grundeinheit beim Heurigen

Weindippler, der: Gewohnheitstrinker

zua sein: Verschlossenheit, Unempfänglichkeit für Kommunikationsversuche.

Die Sperrstunde

Die Sperrstund ist das Schlimmste, das einem Zecher passieren kann. Individuelle Sperrstunden-Regelungen ermöglichen es jedoch, Nächte durchzumåchn.

Die Sperrstund wird auch metaphorisch für den Abgang aus dieser Welt verwendet, wobei es Gerüchten nach im Himml ka Sperrstund gibt.

Nach durchzechter Nacht wenden sich viele Übernachtige wiederum dem Biere zu. A Gulasch und a Seidl Bier ist eine beliebte Frühstücksvariante.

Aus dem Buch: Wienerisch – das andere Deutsch von Beppo Beyerl, Klaus Hirtner und Gerald Jatzek, erschienen im Bernd Rump Verlag.
Mehr: Wienerisch, Folge 1